Die Ferienkolonie Cushendun

Das Dorf am Mündungsbereich des Glendun-Flusses

Zu einer Bilderbuchküste gehören die passenden Dörfer. Das zumindest dachte sich wohl Ronald McNeill, der erste und einzige Lord Cushendun, als er an der sandigen Bucht mit der Mündung des Glendun-Flusses stand. 1912 engagierte er den Stararchitekten Clough William-Ellis. Im nördlichen Wales hatte dieser bereits das künstliche Dorf Portmeirion entworfen, welches einem italienischen Dorf am Mittelmeer gleicht. Weniger mediterran, dafür in georgianischer Architektur, entstand in der Bucht die systematisch geplante Ferienkolonie Cushendun.

Um den Mündungsbereich des Glendun-Flusses ziehen sich heute zweigeschossige Reihenhäuschen. Mit ihrem weißen Anstrich und dem Schieferdach sind sie so vorbildlich, dass sie den Bausätzen für Modelleisenbahnen in nichts nachstehen. Cushendun, auf Irisch Cois Abhann Duinne, bedeutet »am Ufer des Flusses Dun«. Selbst die braune Brühe, die der Fluss aus den Torfmooren in seinem Quellgebiet bis zum Meer transportiert, stört das Dorfbild keineswegs.

Eine besondere Türe im Mary McBride's Pub

Kleine Boote tuckern im Hafen vor dem Glendun-Viadukt, während der 800 Meter lange Strand kältetolerante Wasserratten zum Baden einlädt. Bei sonnigem Wetter herrscht hier ein ständiges Kommen und Gehen. Doch hat man erst einmal einen Parkplatz gefunden, ist das Dorf wirklich ein Idyll. Nahe dem Viadukt finden wir zu einem der kleinsten Pubs Irlands.

Zusammen mit allen anderen denkmalgeschützten Häusern von Cushendun gehört auch dieser inzwischen dem National Trust. In den Mary McBride's Pub passen kaum fünf Leute gleichzeitig hinein. Das war sicher einer der Gründe, warum der Pub um einen Nebenraum erweitert wurde. Zugleich ermöglichte die Verbindung den Einbau einen weiteren Dark-Hedges-Türe.

Diese achte Tür ist Arya Starks Reise in die freie Stadt Braavos gewidmet. Sie stellt den gesichtslosen Mann dar, der ihr hilft, die Fähigkeiten eines »Niemand« zu erlernen. In der Mitte ist ihr kleines Schwert »Nadel« abgebildet, das sie versteckt, als sie gezwungen ist, sich von all ihrem Besitz zu trennen. Am Ende ihrer Zeit auf Braavos holt sie Nadel wieder aus ihrem Versteck und tötet die Heimatlose, die ihr auf den Fersen ist. Fortan ist Aria ein Niemand und wichtige Dienerin des Gott des Todes. Sie entscheidet jedoch, nach Winterfell zurückzukehren und Rache an all denen zu verüben, welche ihre Familie verraten haben.

Caves of Cushendun - in der Höhle des Schattens

Nördlich der Mündung des Glendun-Flusses erstreckt sich ein herrlicher Sandstrand über eine Länge von 700 Metern. Im Kontrast dazu ist die Küste südlich von Cushendun schroff und abweisend. An der Häuserreihe entlang des Glendun-River und am Fishermans Cottage vorbei, endet die Straße abrupt bei zwei Maschinenhäuschen am Meer. Hier ist wenig Platz, aber genug für unser Auto. Ab da geht es auf dem Schotterweg zu Fuß weiter.

Bei einem der mystischen und dunkelsten Orte der Fantasyserie

Ein Schild zeigt Bilder von den Dreharbeiten der Game of Thrones-Serie. Denn die Caves of Cushendun sind einer der mystischen und zugleich dunkelsten Orte der Fantasyserie: Die Verhandlungen zwischen Stannis Baratheon und seinem jüngeren Bruder, König Renly, sind gescheitert. Noch vor Ablauf, der von ihm selbst gesetzten Frist schickt Stannis Ser Davos Seewert auf geheime Mission, die Rote Priesterin Melisandre in Renlys Lager zu schmuggeln. Die Tour endet vor einem Gittertor in einer Höhle tief unter dem Lager. In der Höhle des Schattens gebiert Melisandre vor den Augen Ser Davos ein grauenhaftes Wesen, das augenblicklich durch die Gitterstäbe entschwindet. Die Schattenkreatur ermordet Renly im Beisein von Brienne von Tarth, die in dem Schatten das Gesicht von Stannis erkannt haben will.

In der Serie wirkt die Szene schon recht skurril. Als wir die Höhle betreten, treffen wir auf eine französische Familie. Ein junger Kerl liegt gerade am Boden und mimt die Geburtsszene der  Melisandre. Das Bild ist noch befremdlicher als das Original. Aber er lässt sich nicht von uns stören. Erst muss das Bild im Kasten sein, dann steht er kichernd auf und verschwindet. Was für eine Hingabe für ein albernes Foto!

Wie ein Schatten entschwinden

Kaum hat die Familie die Höhle verlassen, sind wir alleine und weist nichts mehr auf die Dreharbeiten hin. Einen Katzensprung weiter verzweigt sich die Höhle und führt über einen großen Ausgang zum Meer. Dort öffnet sich die Sicht über die schroffen Felsen mit dem grünen Hügelland Antrims im Hintergrund. Die Felsen selbst bestehen aus einem Gesteins-Konglomerat, an welchem unerbittlich das Meer nagt. Ähnlich wie beim Nagelfluh sind die äußeren Rundsteine sauber freigespült. Nach und nach lösen sich diese vom Rest und brechen heraus. So wird sich die Höhle, wenn auch nur langsam, im Lauf der Zeit immer wieder verändern, bis auch sie irgendwann wie ein Schatten entschwindet.

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