Hafenstadt Ballycastle im Moyle District

Vom Industriestandort zum Ausgangspunkt der Glens

Gegen Abend erreichen wir Ballycastle, die Hauptstadt des Moyle District. Wir haben inzwischen die Küste Nordirlands erreicht. Nach einem ereignisreichen Tag finden wir hier den perfekten Übernachtungsort. Die Anfahrt zu unserem B&B gelingt auf Anhieb. Damit könnten wir unser Programm eigentlich beenden.

Andererseits taucht die Abendsonne den Ort und die Landschaft in ein herrliches Licht. Also checken wir nur geschwind ein und brechen sogleich wieder auf, Ballycastle bei einem ersten Spaziergang zu erkunden. Zugleich möchten wir uns auch die wechselvolle Vergangenheit der Stadt kurz vor Augen halten.

Ballycastle - Ein vielversprechender Industriestandort mit Zukunft?

So sah der Colonel Hugh Boyd in Ballycastle Mitte des 18. Jahrhundert einen Industriestandort mit Zukunft. Er schürfte nach Kohle und Eisenerz, ließ Kalk brennen und Bier brauen. Um das produzierte Glas und Seife verschiffen zu können, brauchte es einen Hafen. Das in sich logische Konzept klang vielversprechend, gestaltete sich jedoch bald als ein schwieriges Unterfangen.

Denn so sehr sich Boyd auch mühte, die Industrie wollte in dem Küstenort nicht so richtig Fuß fassen. Tatsächlich vergingen keine 50 Jahre, bis die durch ihn angelockten Fabriken ihre Pforten wieder schließen mussten. In der Folge verwahrloste der Hafen und fiel Ballycastle in eine Art Dornröschenschlaf.

Eine neue Blütezeit für die Hafenstadt

Inzwischen hat der Ort seine triste Vergangenheit abgestreift. Insbesondere durch den wachsenden Tourismus entlang der Causeway Coastal Route erlebt die nordirische Hafenstadt eine neue Blütezeit und geht es rund um den Pier wieder recht quirlig zu. Denn folgt man der berühmten Ferienstraße von Belfast aus immer stur entlang der Küste bis nach Derry, so liegt Ballycastle ungefähr mittig auf der Strecke. Es ist somit ein guter Ausgangspunkt für Erkundungen der Glens of Antrim. Wir indes nächtigen in der pittoresken Stadt, weil wir am nächsten Tag mit der Fähre nach Rathlin Island übersetzen wollen. Und die Fähren zu der kleinen Insel legen eben hier in Ballycastle ab.

Bei schlechtem Wetter lohnt außerdem das Ballycastle Museum einen Besuch. Es befindest sich städtischen im Gerichts- und Marktgebäude aus dem 18. Jahrhundert. Die Räume des Museums beherbergen den bedeutenden Irish Homes Industries Workshop, der Teil des Arts and Crafts Revival in Irland war. Zu sehen sind außerdem Kunstwerke bekannter irischer Künstler wie J.W. Carey, Rosamund Praeger und John Cempbell sowie Aquarelle von John Nixon. Ergänzt wird die Sammlung durch neolithische Funde von Rathlin Island, Fundstücken aus der Bronzezeit, sozial-historische bedeutenden Gegenständen aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert und einem Postkartenarchiv mit historischen Abbildungen.

Übernachten im Corratavey B&B bei Ballycastle

Bis zu unserem Aufenthalt in Ballycastle waren wir eigentlich der Meinung, dass wenn B&B drauf steht, auch ein Frühstück inkludiert ist. Beim Corratavey B&B verhält es sich anders. Für die erste Nacht bekommen wir nur das versprochene Bett. Unser Zimmer ist winzig, aber sauber und gemütlich. Am zweiten Abend besinnt sich der Hauswirt eines Besseren und lädt uns für den nächsten Morgen zum Frühstück im benachbarten An Caileán ein. Wirken wir so verhungert? Oder liegt es an den Kekskrümeln von unserem provisorischen Frühstück im Bett?

Anders als die meisten Gäste verbringen wir jedoch zwei Nächte im Corratavey. So kommen wir am zweiten Morgen in den Genuss von einem kalorienreichen Full Irish Breakfast, wie aus dem Bilderbuch. Toast, Müsli und Saft können wir uns dabei nach Herzenslust und Appetit selbst am Büfett holen.

So lässt es sich aushalten. Und wenn sich mein Mann dann noch mit einer anderen Gästin auf Englisch unterhält, eh sich diese als Schwäbin entpuppt, ist außerdem für heitere Stimmung gesorgt. Oder, wie es ihre Freundin charmant lächelnd ausdrückt: »Oh, da sind zwei Profis unter sich.«

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