Unser Spaziergang führt uns hinaus aus dem Szenenviertel Temple Bar, mit dem Ziel »The Church« beim Wolfe Tone Square. Dafür überqueren wir den Liffey. Nachdem wir auf der Nordseite der Ha'penny Bridge links abbiegten, passieren wir auf halben Weg zur Grattan Bridge die Millennium Bridge (Irish: Droichead na Mílaoise). Sie wurde im County Carlow erstellt und im Dezember 1999, also gut ein Jahr vor der tatsächlichen Jahrtausendwende, in Dublin installiert. Direkt gegenüber der aus Stahlfachwerk erstellten Fußgängerbrücke kommen wir auf der Bloome Lane in das italienisch anmutende Quartier Bloom. Auf der verkehrsberuhigten Straße laden mehrere Straßencafés zum Verweilen ein und erreichen wir bald John Byrnes Dublin's Last Supper.
Vorlage für das mehrere Meter breite Foto-Kunstwerk war da Vincis Abendmahl in der Sixtinischen Kapelle. Allerdings handelt es sich um die Dubliner Variante des Abendmahls: Jesus erscheint als Sikh, Johannes wird als Frau dargestellt und Judas übernimmt die Rolle eines Priesters. Den Hintergrund der Szene bildet Dublin als multikulturelle Metropole.
Über den Millennium Walkway geht es weiter zum großen Einkaufszentrum Jervis. Hier biegen wir links ab und laufen vor bis zum Jervis Street. Dort angekommen, biegen wir direkt beim National Leprechaun Museum, dem Nationalmuseum der irischen Kobolde, rechts ab, sodass wir wenige Schritte weiter den Wolfe Tone Square erreichen.
Wolfe Tone Square und Park in Dublin
Der Name des Parks erinnert an den hier geborenen Wolfe Tone, einen der Anführer der Rebellion von 1798. Tone wollte damals die englische Herrschaft beenden und die Ideale der Französischen Revolution in Irland etablieren. Sein Vorhaben, die Engländer mit Hilfe eines französischen Expeditionskorps von der Insel zu jagen, scheiterte. Um das bereits verhängte Todesurteil zu entkommen, wählte er den Freitod.
Zu seinem Gedenken wurde eine unscheinbare Plakette an der Wand eines Versicherungsgebäudes angebracht. Gleich daneben stehen mehrere Grabplatten. Sie zeugen von der ehemaligen Nutzung des Platzes als Gottesacker der benachbarten St. Mary's Church. Ansonsten hat der Wolfe Tone Square wenig zu bieten. Es sei denn, Weihnachten naht. Dann lockt hier große Dubliner Weihnachtsmarkt zahlreiche Besucher auf den Vierecksplatz.
Auf der Westseite vom Platz kommen wir auf der Wolfe Tone Street an »The Church« vorbei zur Mary Street. Nachdem wir diese überquert haben, erreichen wir auf der rechten Seite der Straße Wolfe Tone Close. Die quasi in einem Guss erstellte Wohnanlage ist ein preisgekröntes Beispiel kommunalen Wohnungsbaus.
Bis zu einer Höhe von vier Etagen sind die Wohnungen um einen leider etwas stark versiegelten Innenhof angeordnet. Wer sich die Anlage als Fremder anschauen möchte, muss sich allerdings mit dem Blick durch das Gitter am Treppenaufgang begnügen. Der Zutritt ist den Anwohnern und deren Besucher vorbehalten.
The Church zählt zu den bekanntesten und zugleich ungewöhnlichsten Pubs in Dublin. Untergebracht ist die Bar in der St. Mary’s Church of Ireland im Norden vom Wolf Tone Square. Die Kirche wurde im frühen 18. Jahrhundert als eine der ersten irischen Kirchen mit einer Galerie ausgestattet. Als Besonderheiten der ehemaligen Marienkirche gelten die große, von Renatus Harris gebaute Orgel und das auffallende Buntglas. Trotz der schönen Innenausstattung und günstigen Lage mitten in Dublin wurde die St. Mary’s Church 1964 geschlossen und dem Verfall preis gegeben.
1997 wendete sich das Blatt: John Keating erkannte in dem alten Gebäude ein Juwel. Innerhalb von sieben Jahren ließ er die Kirche von Grund auf umfangreich sanieren. Im Dezember 2005 erfolgte die Eröffnung, wenn schon nicht als Gotteshaus, so doch als ein Ort, in dem sich Menschen begegnen.
Schön finden wir, dass er auf die alten Strukturen Rücksicht genommen hat. So bietet die Orgel einen optischen Rahmen für den großen offenen Raum und der beiderseits zugänglichen Bar. Ebenso sind die Buntglasfenster instand gesetzt worden, die »The Church« ein besonderes Flair verleihen.
Wie in vielen anderen Dubliner Pubs gibt es natürlich auch hier abends Livemusik. Zudem werden wir bei unserem Besuch von einem Stepdancer überrascht, der von einem Folkmusiker begleitet wird. Um nicht zu sagen, während wir auf einer gemütlichen Couch lecker Mojito schlürfen, treiben sich die beiden Künstler immer weiter an.
Unter dem Beifall der Gäste erreichen Musik und Tanz bald ihren rasanten Höhepunkt. Mit einem waghalsigen Sprung von seiner Bühne beendet der Tänzer das Spektakel. Die Musik verstummt und wenig später sind die beiden jungen Männer dann auch schon verschwunden. Zeit für den nächsten Auftritt. Zeit für das nächste Guinness.
Erst spät erfahren, dass The Church bzw. The Church Bar & Restaurant wie die Wirtschaft seit 2007 heißt, einer der besten Plätze ist, um das weltbekannte Dunkelbier zu trinken. So hat Arthur Guinness, der Gründer der Guinness Brauerei, 1761 an diesem Ort geheiratet. Weitere namhafte Persönlichkeiten, die mit der Kirche in Verbindung gebracht werden, sind Wolfe Tone, John Wesley, der Gründer der Methodisten-Kirche, und Jonathan Swift, Autor von Gullivers Reisen.