Von Molly Malone zu Oscar Wilde am Merrion Square

Spaziergang zur georgianischen Southside von Dublin

Vom Szeneviertel Temple Bar aus gehen wir an der Central Bank of Ireland vorbei und überqueren die stark befahrene Dame Street. Unser nächstes Ziel ist die georgianische Southside mit ihren attraktiven Häuserzeilen, Parks und dem Trinity College. Der Spaziergang bringt uns zuerst in die St Andrew's Street mit der gleichnamigen Kirche.

Auf dieser Anhöhe hielten die Wikinger ihren »Thing«, also ihre Volks- und Gerichtsversammlungen ab. Später lösten sich hier im Lauf der Jahrhunderte mehrere Kirchenbauten ab. Im zuletzt erbauten Gotteshaus hat sich die Touristeninformation eingerichtet, nachdem die anglikanische Gemeinde keine Verwendung mehr dafür fand.

Molly Malone - Das Flittchen mit dem Karren

Anstelle der Wikinger versammeln sich heute Touristen auf der Anhöhe. Neben der Tourist-Info und der Haltestelle der Sightseeing-Busse sind diese auf der Suche nach Molly Malone. Die Bronzestatue der drallen Fischverkäuferin wurde 1987 zur 1000-Jahr-Feier der Stadtgründung aufgestellt. Längst ist sie zu einem Wahrzeichen Dublins geworden. Ihrem knappen Dekolleté hat sie den Beinamen »tart with a cart« – also Flittchen mit dem Karren – zu verdanken.

Flittchen hin oder her, sie ist ein Anziehungspunkt für Touristen, aber auch für Artisten, die hier ihren Unterhalt verdienen. Egal ob Musiker oder Pantomime, die Bronzestatue ist kaum ohne arbeitendes Beiwerk zu fotografieren. Bei unserem Besuch sitzt ein dicker Leprechaun direkt davor.

Dieses irische Feenwesen ist bekannt dafür, dass es vergängliches Gold verteilt und damit die glücklichen Finder an der Nase herum führt. Mollys Leprechaun ist hingegen eher am Einsammeln von »Gold« oder zumindest ein paar Euromünzen interessiert. Nun denn, wollen wir ihn dabei nicht stören.

Auf den Spuren von Oscar Wilde am Merrion Square

Über die Clare Street gelangen wir vom College Park direkt zum Merrion Square. Die von georgianischen Häusern umrahmte Parkanlage wurde ab 1762 von Richard Fitzwilliam erschlossen und vermarktet. Strenge Bauvorschriften ließen wenig Freiraum für individuelle Gestaltungen und Vorlieben.

So prägen Backsteinfassaden, schmiedeeiserne Balkone und farbenprächtige Haustüren das Stadtbild. Doch gerade diese starren Vorschriften sind es, welche die Straßen rund um den Merrion Square zu einem einzigen Postkartenmotiv machen.

Einer der berühmtesten Anwohner des Merrion Square war Oscar Wilde. Im ältesten Haus, dem Eckhaus Nr. 1 am North Merrion Square, wohnte die Familie Wilde von 1855 bis 1876. Heute finden in dem restaurierten und mit georgianischen Möbeln eingerichteten Haus gelegentlich Kunstausstellungen statt, in den oberen Etagen wohnen Studenten.

Passend zu seiner Persönlichkeit als Enfant terrible lümmelt Oscar Wilde in der gegenüberliegenden Parkecke auf einem Felsen. Eher besorgt sitzt ihm seine schwangere Frau, Constanze Lloyd, gegenüber. Was sie so bedrückt? Vielleicht die dummen Sprüche aus seinem Munde, wie: »Wer eine gute, verständige und schöne Frau sucht, sucht nicht eine, sondern drei.«

Ein Gelände für die Suppenküche

Erst seit 1974 ist die Parkanlage des Merrion Square der Allgemeinheit zugänglich. Anfangs war sie verschlossen und nur die Anwohner hatten einen Schlüssel. Während der großen Hungersnot in den 1840ern brauchte man das Gelände jedoch für eine Suppenküche. Massen von obdachlosen Landflüchtlingen hausten damals in dem Park. Später sollte an der Stelle eine Kathedrale entstehen, bis Irlands katholische Kirche die ehrgeizigen Pläne aber wieder verwarf.

Heute ein Park für Künstler

Heute wird der Park gerne von Künstlern besucht. Bei schönem Wetter – Ostern ist etwas zu kalt – kann man ihnen hier bei der Arbeit zuschauen. Zu einem weiteren Kunstwerk im Park zählt die Sammlung an alten Gaslaternen, die früher Dublins Straßen erhellten.

Auf der Westseite erinnert außerdem ein Kriegerdenkmal an die Gefallenen der irischen Armee. In einer Pyramide wachen vier Bronzesoldaten über die ewige Flamme, die aus einem Abzeichen der Streitkräfte aufflammt.

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