Kylemore Abbey mit Walled Garden

Bei Kylemore Abbey angekommen tauchen wir in eine schicksalhafte Geschichte ein. Sie zeigt, wie eng das Glück einer vollkommenen Liebe, Verlust und Trauer, aber auch neuer Mut beieinander liegen. Alles begann 1867, als Mitchell und Margaret Henry den Grundstein zu ihrem Traumschloss legten.

Dabei soll das Paar den Ort ausgewählt haben, den sie bereits 1850 während ihrer Flitterwochen in ihr Herz geschlossen hatten. Vor allem Margaret soll von der Landschaft bei Connemara so begeistert gewesen sein, dass Mitchell beschloss, das rund 6075 Hektar große Gelände für seine Frau zu erwerben.

Traumschloss von Mitchell und Margaret Henry

Ein kurzes unbeschwertes Leben im prächtigen Märchenschloss

Im Jahr 1871 waren das Schloss und der viktorianische Mauergarten von Kylemore Abbey nach vierjähriger Bauzeit fertiggestellt. Das Glück von Mitchell und Margaret Henry sowie ihrer neun Kinder schien perfekt. Alles deutete auf ein unbeschwertes Leben hin. Allerdings gönnte ihnen das Schicksal dieses Glück nur drei gemeinsame Jahre in dem prächtigen Märchenschloss.

1874 erkrankte Margaret Henry bei einer Reise durch Ägypten an der Ruhr. Nur 16 Tage später hatte die Krankheit gesiegt und dem Leben der erst 45-jährigen Frau ein Ende gesetzt. Zudem stürzte eine Tochter unglücklich vom Pferd und brach sich das Genick. Mitchell Henry nahm beide Leichname mit nach Kylemore Abbey, wo er sie zur letzten Ruhe legte.

Eine Mitgift wird zum Klotz am Bein

Vom persönlichen Verlust gezeichnet, wurde Mitchell Henry jedoch nie wieder glücklich auf Kylemore. Zudem verließ ihn sein Geschäftssinn und fehlte bald die Mittel, um das Schloss zu unterhalten. 1903 war er schließlich gezwungen, das Schloss an einen US-Amerikaner zu verkaufen, der eine Mitgift für seine Tochter, die neue Herzogin von Manchester, suchte.

So großzügig das Geschenk war, den Jungvermählten sahen in dem Gebäude und dem riesigen Gelände eher einen Klotz am Bein, den sie bald wieder loswerden wollten. Als König Edward nach Connemara reiste, sahen sie ihre Chance, brachten das Gebäude auf Vordermann und richteten eigens für den König eine standesgemäße Suite ein.

Um den königlichen Tross bedienen zu können, schreckten sie auch nicht davor zurück, den Ballsaal in eine provisorische Großküche umzufunktionieren. Da man wusste, dass der König einen Landsitz in Irland suchte, war man guter Dinge. Bis ... ja bis er endlich da war und es bei einer freundlichen Tasse Tee beließ. Die Nacht hingegen verbrachte er auf seiner eigenen Yacht.

Video von Kylemore Abbey und dem Walled Garden

Aufnahmen vom Schloss Kylemore Abbey in Connemara, der Gotischen Kirche und dem Walled Garten.

Dass das herzögliche Paar doch noch einen Käufer fand, haben sie den Folgen des Ersten Weltkriegs zu verdanken. Durch ein Bombardement im Jahr 1914 waren die Benediktiner Nonnen gezwungen, aus ihrem Kloster im belgischen Ypern zu fliehen. Nachdem sie erst in England, dann im County Wexford Unterschlupf gefunden hatten, kauften sie Kylemore 1920 für 45.000 britische Pfund.

Die gotische Kirche am Pollacappul See

Im Anschluss an den Rundgang durch das alte Schloss folgen wir dem Spazierweg zur Gotischen Kirche von Kylemore. Wie das Schlossgebäude befindet auch sie sich nördlich von Pollacappul See bzw. an der alten Landstraße.

Sowie wir einen Rastplatz direkt am Seeufer passiert haben, erreichen wir die Kirche. Mitchell Henry ließ das als »Miniatur-Kathedrale« bekannte Gotteshaus 1877 zum Andenken seiner Frau im neogotischen Stil errichten.

Farbige Marmorsäulen aus verschiedenen Provinzen

Eine Besonderheit der Kirche sind vier farbige Marmorsäulen in ihrem Innern, welche für die vier Provinzen Irlands stehen: die graue stammt aus Armagh in Ulster, die schwarze aus dem County Kilkenny in Leinster, die rosa aus dem County Cork in Munster und die rosa aus Connemara in Connacht.

Im Widerspruch zu der neogotischen Bauform stehen die eher liebevollen Verzierungen. Anstelle von finster dreinblickenden Gargoyles hat sich Henry für lächelnde Engel entschieden. Zudem weisen die in den Sandstein gearbeiteten Blumen und Vögel weibliche Züge auf.

Beim Mausoleum von Margaret und Mitchell Henry

Östlich der Kirche kommen wir zum Mausoleum von Margaret und Mitchell Henry. Und das, obwohl Mitchell Henry sein Vermögen längst eingebüßt hatte, als er im Jahr 1910 als armer Mann starb. Dass man dem einst erfolgreichen Doktor, Politier und Großindustriellen dennoch seinen letzten Wunsch erfüllte und er neben Margaret ruht, hat er damit seinem Charakter zu verdanken.

Tatsächlich ist Mitchell Henry seinen ehemaligen Pächtern in guter Erinnerung geblieben. Denn auch wenn sie den Engländer zunächst mit Misstrauen begegneten, so profitierten sie bald vom verantwortungsbewussten Handeln und Wirken der Henrys. Allein 300 Iren fanden bei ihnen für damalige Verhältnisse gut bezahlte Arbeitsplätze.

Auch konnte Henry seine Pächter überzeugen, Fenster in die damals wegen der Fenstersteuer düsteren Bauernhäuser einzusetzen, um Licht und frische Luft ins Innere zu lassen. Zuletzt steigerte er die Lebensqualität seiner Leute, indem er einen Dorfbrunnen anlegen ließ und eine Post- und Telegrammstelle in der Nähe vom Schloss einrichtete.

Der viktorianische Mauergarten von Kylemore Abbey

Zu jedem irischen Schloss gehört ein anschaulicher Walled Garden, der Mauergarten. So auch beim Kylemore Anwesen. Dieser wurde als viktorianischer Garten mitten im Torfmoor am Fuße des Dùchruach angelegt. Die Südhanglage sorgt für viel Sonne und ein natürlicher Bergbach für genügend Wasser. Eine Besonderheit des Gartens ist die Pflanzenauswahl. Wir finden nur Pflanzen und Blumen, welche vor 1901 in Irland eingeführt wurden.

Die 2,4 Hektar sind in mehrere Themengärten eingeteilt. So starten wir im formalen Blumengarten, kommen an den Gärtnerhäusern vorbei und gelangen über den Bach zum Kräutergarten, Küchengarten und den Schnittblumenbeeten. In 21 Gewächshäusern wurden früher exotische Früchte wie Bananen und Feigen herangezogen. Zwei der Häuser stehen inzwischen wieder, weitere sollen restauriert werden.

Der »walled garden« befindet sich nicht direkt am Schloss, ist aber zu Fuß erreichbar. Da wir später wandern wollen, nehmen wir den Shuttlebus. Er fährt alle 15 Minuten vom Info-Center zum Teehaus am Eingang zum Garten.

Wir nutzen den Abstecher für eine kleine Pause und setzen uns auf ein Bänklein im Steingarten, knabbern Kekse und genießen den Blick auf den Diamond Hill von Connemara, unserem nächstes Wanderziel auf Irland.

Nur wenig Licht in der Arbeiterunterkunft

Angenehmer Rauch eines Kaminfeuers lockt uns im Mauergarten zu den Gärtnerhäusern. Gleich hinter den Gewächshäusern, etwas geschützt in den Berg gebaut, finden wir das der Hilfsgärtner. Mit wenig Licht bieten zwei Räume das nötigste, was ein Gehilfe wohl so braucht. Die Wohnstube ist mit Tisch, zwei Stühlen und einer Anrichte eingerichtet.

Der offene Kamin, welcher gleichzeitig als Kochgelegenheit dient, gibt aber doch noch etwas Wärme und Gemütlichkeit in den sonst düsteren Raum. Auf den beiden kleinen Betten im schranklosen Kämmerlein war damals der Schlaf wohl eher dürftig als erholsam.

Mit Licht durchflutete Räume im Haus des Obergärtners

Ganz in der Nähe steht auf einer Anhöhe das schöne Haus des Obergärtners. Zwei große Erkerfenster mit Blick über den herrlichen Garten, lassen die Räume mit Licht durchfluten. Auch hier bringt das Kaminfeuer Wärme in die Stube, ist allerdings nur eine Ergänzung zur Gemütlichkeit, welche die Einrichtung schon bringt.

Hier wird auch auf Deko geachtet und es gibt getrennte Ess- und Wohnbereiche. Die Möbel sind zwar nicht auf dem neuesten Stand, aber abgesehen von den Betten könnte man sich auch zur heutigen Zeit dort wohl fühlen. Irische Obergärtner in solch einem Garten hatten dann doch ein gewisses Ansehen. Da hätte mein Schwiegervater, unser Chefgärtner, sicher auch gerne mal gewohnt. Wenn auch nicht für immer.

Kommentare (0)

Keine Kommentare gefunden!
Neuen Kommentar schreiben